Dienstag, 17. Dezember 2013


Die Aufgabe meines Traums vom Millionär-Sein

Mexiko ist ein Land mit mehr als 100 Millionen Einwohnern und
einem gigantischen Wachstumspotenzial. In fast keiner mexikanischen
Stadt gab es damals einen wirklich guten Fotoladen, aber unzählige
Kunden, die bereit waren, ein wenig mehr für guten, pünktlichen
und zuverlässigen Fotoservice zu bezahlen. Ich verstand
plötzlich, wie wichtig für das Geschäft die angeblich deutschen Tugenden
waren und wie sehr es hilft, diese in egal welcher Branche
umzusetzen, um ein erfolgreiches Business aufzubauen. Trotz der
Gelassenheit, die die Mexikaner im Alltag zeigten, lag auch ihnen,
gerade wenn es sich um Geld drehte, viel an Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit
und Ehrlichkeit.


All die Gedanken, die sich ums Geldverdienen drehten, wurden mir
aber schnell nicht nur langweilig, sondern regelrecht unheimlich.
Mir graute vor der Idee, auf Kosten von fleißigen Menschen Millionär
zu werden – und dann mit dem ausgerechnet auf solche Art
erwirtschafteten Geld »Gutes zu tun«. Es wäre ein Pakt mit dem
Teufel geworden, fortan hätten mich ganz sicher permanente Gewissenskonflikte
geplagt. Allein dieses Gedankenspiel half mir, wachsamer
zu werden. Ich warf meinen Plan, aus hehren Gründen raffgierig
und ausbeuterisch zu werden, über Bord und setzte meine
Sinnsuche fort. Musste ich mich nicht zunächst auf mich selbst konzentrieren,
zu mir selbst finden?


Ich hatte Probleme, mich weiter legal in Mexiko aufzuhalten, denn
wie viele Menschen, die sich ehrenamtlich in anderen Ländern engagieren,
bekam auch ich von der mexikanischen Botschaft kein
Visum für die Dauer meines Aufenthaltes und bin offiziell nur als
Tourist eingereist. Ich begann zu hinterfragen, was alles in unserer
heutigen Welt legal ist und was nicht. Ich glaube nicht an Gesetze,
die Menschen als illegal abstempeln, während Konzerne Milliardengewinne
legal in Steueroasen am Fiskus vorbeischleusen. Trotz immer
mehr Gesetze, Normen und Regeln als je zuvor, schuften Millionen
von Menschen unter unwürdigen Arbeitsbedingungen. Trotz


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